Istanbul – zweiter Besuchstag

Gekräftigt durch ein ausgiebiges türkisches Frühstück im Hotel, haben wir uns aufgemacht, einen weiteren Erkundungstag durch Istanbul zu starten.
Und wir waren durchaus fleißig an unserem zweiten Tag!
Unser erster Programmpunkt war das Archäologische Museum mit einer der umfangreichsten archäologischen Sammlungen weltweit. Tolle Exponate erzählen dort von der reichen und vor allem abwechslungsreichen Geschichte der Türkei. Meiner Meinung nach etwas unglücklich war, dass der Audioguide nicht wirklich erhellende Informationen zur Ausstellung zu berichten hatte und so einem Museumsbesucher ohne historische bzw. archäologische Vorkenntnisse die Vielzahl der Objekte zu erschlagen drohte.

Wirklich toll war aber eine ganze Ausstellung zu den Grabungen in Troia und der Geschichte der Entdeckung der antiken Stadt. Hier wurden die einzelnen Städte, die immer wieder auf dem gleichen Hügel übereinander angelegt wurden, toll erklärt und auch der Laie kann sich nach dieser Ausstellungsfläche ein Bild davon gemacht haben, wie Siedlungsgeschichte funktioniert und welche Wissenschaften zusammenspielen, um zu den aktuellen Ergebnissen zu kommen. Wie gesagt, super Ausstellungsstücke, chronologisch wohl sortiert, die ganze heutige Türkei umfassend – museumspädagogisch ist da aber noch viel Luft nach oben, weshalb wir uns auch nicht übermäßig lange im Museum aufgehalten haben.

Denn unser zweiter planmäßige Besichtigungspunkt war mir bereits am Vortag auf dem Gelände ersten Hofes vor dem Topkapi-Palast ins Auge gesprungen und dorthin zog es mich nun dringend: zur Hagia Irene.

Die Irenenkirche wurde unter dem römischen Kaiser Konstantin I. im 4. Jahrhundert als erste Kirche Konstantinopels erbaut. Sie war die Kirche des Patriarchats, bevor die Hagia Sophia errichtet wurde.

Nachdem die Kirche 532 niedergebrannt worden war, ließ Justinian I. sie wieder aufbauen. Nach erneuter Zerstörung durch ein Erdbeben im Jahre 740 wurde die Hagia Irene unter Konstantin V. weitgehend neu erbaut.

Nach der Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen 1453 benutzte die Palastwache der Janitscharen die Kirche als Waffenarsenal. Ahmet Fethi Pascha, Marschall des Arsenals, ließ 1846 in der Kirche ein Museum einrichten. Bis in die 1970er Jahre wurde sie Heimat diverser Museen und dann Konzerthalle.

Die Hagia Irene ist ein frühes Beispiel für den Übergang vom Basilikalgrundriss zum Zentralbau in Form eines griechischen Kreuzes. In seiner heutigen Gestalt stammt das Bauwerk aus dem 8. Jahrhundert. Die Hagia Irene ist die einzige byzantinische Kirche mit einem original erhaltenen Atrium und der älteste erhaltene Kirchenbau in Istanbul.

In der Apsis befindet sich keine Darstellung der Maria als Mutter Gottes, sondern ein großes Kreuz. Es stellt ein einzigartiges Zeugnis der bilderverneinenden Kunst dar.

Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, dass ich mich während der Besichtigung im Historikerausnahmezustand befand – soooooooo viel Geschichte in den Mauern eines beeindruckenden Gebäudes!

Weiter ging es zur nahe gelegenen Cisterna Basilika, einem Wasserreservoir aus dem 6. Jahrhundert. Und ich gebe hier offiziell zu, dass ich dieses unterirdische Gewölbe sehen wollte, seit ich es das erste Mal in dem Bond-Film „Liebesgrüße aus Moskau“ gesehen habe!

Hier ein paar Hintergrundinfos dazu:

Die Yerebatan-Zisterne, oft auch Cisterna Basilica oder Versunkener Palast genannt, ist eine spätantike Zisterne westlich der Hagia Sophia in Istanbul. Ursprünglich soll die Zisterne von Kaiser Konstantin in Auftrag gegeben worden sein. Ihr Aussehen und ihre Größe verdankt die 138 Meter lange und 65 Meter breite unterirdische Zisterne jedoch Kaiser Justinian. Dieser ließ die Zisterne zwischen 532 und etwa 542 als Wasserspeicher für den Großen Palast anlegen. Zuvor befand sich an diesem Standort eine Basilika, daher wird die Zisterne auch cisterna basilica genannt. Sie hat ein Fassungsvermögen von ca. 80.000 Kubikmetern Wasser. Auf einer Grundfläche von 9000 m² Zwölf Reihen von 28, insgesamt also 336 jeweils acht Meter hohen Säulen mit überwiegend korinthischen Spolienkapitellen tragen das Gewölbe. Das Wasser, das in bester Qualität aus dem Belgrader Wald im Hochland nördlich von Istanbul über die Aquädukte des Hadrian und den Valens-Aquädukt kam, diente zur Versorgung des kaiserlichen Haushaltes

Zwei Säulen im nordwestlichen Teil der Zisterne stehen auf umgekehrten Medusenhäuptern, die offenbar von einem anderen Standort hierher transferiert wurden. Ihre ursprüngliche Herkunft ist unbekannt.

Der offizielle Eingang befindet sich unscheinbar genau an der Hauptstraße neben den Straßenbahnschienen. Da wir nicht in der Hauptsaison in Istanbul waren, wurden wir nicht durch massive Menschenschlangen darauf gestoßen, haben ihn aber mit Nachfragen gefunden. Und ich muss sagen, dass wir von einer wunderbaren Atmosphäre, Lichtspielen und fabelhafter Architektur empfangen wurden, nachdem wir erst einmal den Kassenbereich hinter uns gelassen hatten!

Nicht nur die ursprüngliche Bauweise mit den hohen Säulen und den von überall zusammengetragenen Spolien ist beeindruckend, auch die Kunstinstallationen, die von der Lichtgebung und der eigentümlichen Stimmung unter der Erde leben, waren toll anzusehen. Und hier hat sich gezeigt, dass Dezember nicht der schlechteste Besuchsmonat ist, denn wir wurden nicht von Menschenmassen durch die Zisterne geschoben, sondern konnten uns in Ruhe treiben lassen und genießen.

Den Abschluss unseres Tagesprogramms sollte die Blaue Mosche bilden.

Die Sultan-Ahmed-Moschee in Istanbul wurde 1609 von Sultan Ahmed I. in Auftrag gegeben und bis 1616, ein Jahr vor dem Tod des Sultans erbaut. Sie ist ein Hauptwerk der osmanischen Architektur. Nach der Säkularisation der kaum 500 Meter entfernten Hagia Sophia war sie bis Juli 2020 Istanbuls Hauptmoschee, seit dem 24. Juli 2020 ist die Hagia Sophia wieder die Hauptmoschee der Stadt.

In Europa kennt man sie als Blaue Moschee wegen ihres Reichtums an blau-weißen Fliesen, die die Kuppel und den oberen Teil der Mauern zieren, aber jünger als der Bau selbst sind. Kunsthistorisch bedeutsamer sind die Fliesen auf dem unteren Teil der Mauern und den Tribünen: Sie stammen aus der Blütezeit der İznik-Fayencen und zeigen traditionelle Pflanzenmotive, bei denen Grün- und Blautöne dominieren.

Eine große, luftige Anlage bildet diese Moschee. Der Sonnenschein, der an diesem Tag herrschte ließ sie tatsächlich hell und blau leuchten. Von außen schon recht beeindruckend, ist dass Innere der Moschee luftig, groß und auch blau. Wirklich ehr schön anzusehen!  Immer außerhalb der Gebetszeiten ist sie auch für Nicht-Muslime zu betreten und zu besichtigen, was ich auf jeden Fall empfehle.

Nun hatten wir tatsächlich ein großes Tagespensum geschafft und uns ein leckeres Abendessen verdient, das zu finden bei den zahlreichen Restaurants der Stadt nicht schwerfiel. Nach einem anschließenden Bummel durch die nächtlichen Straßen sind wir dann auch gerne in unser Hotel zurückgekehrt, um uns auszuruhen.